Ach ja ...


Nachrichten zikulieren heute in Windeseile um die Welt. Digitale Nachrichtenmaschinen verbreiten auf Knopfdruck jede Botschaft samt Bild oder Video in allen Details. Informationen gibt es im Übermaß. Moderne Meinungsbildung, so scheint es, fühlt sich von der Lust an der schieren Quantität bestens bedient. Daran ändert sich auch nichts, wenn das Informationsangebot auf jeden Winkel der Gesellschaft und - dank Facebook & Co - auf den Privatbereich jedes Otto Normalverbrauchers ausgedehnt wird. Der auf viele Kanäle verteilte Informationsaustausch vermehrt die Faktenlage, enthebt aber nicht der intellektuellen Anstrengung, die Zusammenhänge auch richtig zu erkennen. Vielleicht stammt die Frage nach dem Wozu und Wofür aus dem Repertoire vergangener Denkkulturen - sie zu stellen und nach überzeugenden Antworten zu suchen ist heute notwendiger denn je.


Aus heutiger wissenschaftlicher Betrachtung zerfällt die Gesellschaft in einen komplexen Haufen schwer definierbarer Schichten, kaum durchschaubarer Minderheiten und leuchtturmartiger Leistungsträger. Eine politische Führungselite ölt regelmäßig das Räderwerk und versucht mit aller Macht die Teile mit wechselndem Erfolg zu einem Gesamtkunstwerk zusammenzufügen. Begleitet wird diese schwierige Aufgabe mit täglichen Verlautbarungen, öffentlichem Gezänk, Stimmungsmache und gut befeuerter Gerüchteküche. Dazu kommen Meldungen aus allen aktiven Bereichen der Wirtschaft, dem Kulturbetrieb, den Forschungshochburgen, Sport und Unterhaltung. Der kleinste und zugleich größte gemeinsame Nenner ist dabei der Fortschritt zu einer Erfolgsgemeinschaft, die trotz endlos widerstreitender Interessen und bremsender Kräfte an der Vermehrung der gemeinsamen Potenzen arbeitet. Dieses Bild bietet Trost für diejenigen, die auf der Strecke bleiben und Ansporn für die anderen, die noch nicht genug haben von Selbstbehauptung, Wachstum und nationaler Stärke.


Jeder nüchterne Beobachter dieses Geschehens weiss, dass hier sehr unterschiedliche Kräfte und Interessen walten und es einer gewissen Distanz bedarf, um Licht in das dunkle Geflecht von Markt, Meinung, Politik und Stammtisch zu bringen. Es ist nicht leicht den Sirengesängen öffentlicher Instanzen auf die Spur zu kommen und den blumigen Verkaufsstrategien professioneller Stimmungsmacher das Quentchen Wahrheit in ihren Kampagnen zu entlocken. Wahrheit ist ja auch so ein Begriff, der bei den meisten zu reflexhafter Gegenwehr führt. Viel zu altmodiscch und vom Zeitgeist längst in die Mottenkiste verbannt, behaupten die einen; rückwärtsgewandes Denken mit Tendenz zum Dogmatischen, die anderen. Allerdings spricht überhaupt nichts dagegen, den Pfad alter Tugenden beizubehalten und den Sachen auf den Grund zu gehen, statt sich den schlagwortgewaltigen Sprechern einer heilen Leistungs,- Informations-, Wissens- oder Spaßgesellschaft hinzugeben.